Zeitungszusteller der Nordsee-Zeitung bald ohne Tarifbindung
Die Zusteller*innen der Bremerhavener Nordsee-Zeitung sind tarifgebunden im eige-
nen Zeitungsverlag beschäftigt. Jetzt will die Nordsee-Zeitung in Bremerhaven den Ta-
rifvertrag für ihr Zustellpersonal aushebeln, indem sie die Zustellung in eine andere
Firma auslagert.
Seit letztem Frühjahr wird den Zusteller*innen systematisch in Einzelgesprächen unter
Ausschluss des Betriebsrats ein Wechsel in die andere Zustellgesellschaft nahegelegt.
Angeboten wird den Beschäftigten eine Bezahlung, die leicht über dem gesetzlichen
Mindestlohn liegt. Dafür verlieren sie allerdings tarifvertragliche Leistungen, wie Ur-
laubs- und Weihnachtsgeld sowie fast ein Viertel ihrer Urlaubstage.
Mehr dazu in der Pressemitteilung rechts
Bremerhaven
Am 26. November machten Zustellerinnen und Zusteller der Nordsee-Zeitung ihrem Ärger Luft. Im Anschluss an eine Betriebsversammlung, zu der der Betriebsrat eingeladen hatte, gingen die Beschäftigten auf die Straße. Sie protestierten dagegen, dass sie durch das rabiate Vorgehen ihrer Geschäftsführung die tariflichen Leistungen und den Schutz ihres Betriebsrats verlieren sollen.
Was war geschehen? Der Verlag hat eine neue, natürlich tariflose, Zustellgesellschaft gegründet. In Einzelgesprächen wird den Zustellerinnen und Zustellern von der Geschäftsführung „nahegelegt“, mit ihrem angestammten Bezirk in die neue Gesellschaft zu wechseln. Dabei wird die Unsicherheit der Betroffenen und ihre Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, in unanständiger Weise ausgenutzt. Sollte es jemand wagen, sich dem zu widersetzen, muss er oder sie mit der Versetzung in einen vom Wohnort weit entfernten Zustellbezirk rechnen. Der Betriebsrat ist bei den Gesprächen unerwünscht und ausgeschlossen. Besteht jemand auf seinem Recht, den Betriebsrat einzubeziehen, wird schon mal mit Kündigung gedroht.
Der Betriebsrat schöpft selbstverständlich alle rechtlichen und betrieblichen Mittel gegen dieses Vorgehen aus. Ob all das rechtswirksam ist, ob zu Kostensenkungen zur Sicherung der Verlegerrenditen jedes Mittel recht sein darf, das werden am Ende Arbeitsrichter zu entscheiden haben. Unabhängig davon gehen Betriebsrat und Belegschaft jetzt aber auch an die Öffentlichkeit, um auf das unsoziale und menschenverachtende Vorgehen aufmerksam zu machen. Auf ihrer Kundgebung vor dem Druck- und Logistikzentrum der Nordsee-Zeitung wurden sie vom DGB, von Parteien und der Lokalpolitik unterstützt. Betriebsratsvorsitzende Birgit Hanke und ver.di-Sekretärin Silke Köhler betonten, dies sei erst der Anfang, man könne demnächst auch in der Innenstadt vor dem Verlagsgebäude demonstrieren, um noch sichtbarer zu werden und die Stadtgesellschaft einzubeziehen.