Stücklohn-Bezahlung
Wenn ich den Stücklohn umrechne, komme ich auf einen Stundenlohn. Dieser ist höher, wenn ich wenig Zeit für die Zustellung benötige. Bei 15 Cent je Stück und 100 Zustellexemplaren erhalte ich täglich € 15,00 an Lohn. Benötige ich eine Stunde, habe ich einen Stundenlohn von € 15,00; bei zwei Stunden Zustellzeit sind das nach Adam Riese € 7,50.
Dieses System der Entlohnung birgt die Gefahr in sich, dass der Arbeitgeber dem Zusteller Aufgaben wie die Erledigung von logistischen Aufgaben oder Anweisungen über Extra-Wege bei der Art und Weise der Zustellung aufbürdet. Dadurch verlängert sich die Zustellzeit, und der Stundenlohn wird niedriger. Der Zusteller ist bei diesem System natürlich daran interessiert, seine Arbeit so schnell wie möglich zu erledigen. Braucht er weniger Zeit, erhöht sich umgerechnet sein Stundenlohn.
Ein Problem bei der Stücklohn-Bezahlung ist das Risiko der Beschäftigung. Fallen Stücke weg, habe ich weniger Geld. Umgekehrt ist es natürlich, wenn die Stücke zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts trägt der Arbeitgeber aber das Beschäftigungsrisiko; das heißt, es ist grundsätzlich sein Risiko, ob die Arbeitnehmer Arbeit haben oder nicht. Er hat in jedem Falle den vollen vereinbarten Lohn zu zahlen.
Gemäß Arbeitsvertrag wird vereinbart, welche Arbeit zu leisten ist und zu welchen Bedingungen. Dabei ist aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen immer der zeitliche Umfang festzustellen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ab 15 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit ist der Arbeitnehmer arbeitslosenversicherungspflichtig, und es sind die entsprechenden Beiträge abzuziehen und abzuführen. Auch bei der Stücklohn Bezahlung ist diese Zeit Grundlage des Arbeitsverhältnisses. Für den ZustellerIn bedeutet dies, er hat seine Arbeitskraft in diesem Umfang zur Verfügung zu stellen, für den Arbeitgeber, er hat den Zusteller für diese Zeit zu bezahlen. Damit sind die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis aufgezeigt.
Unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessen ist es für die Arbeitsvertragspartner - also Arbeitgeber und ZustellerIn - wichtig, darauf zu achten, dass der Arbeitsvertrag eingehalten wird. Unterbleibt dies, so können sich die Bedingungen der Beschäftigung stillschweigend verschieben: Der Arbeitgeber gibt zusätzliche Anweisungen, auch wenn sie unter Umständen nicht befolgt werden müssen, der/die ZustellerIn braucht mehr Zeit für die Zustellung und sein Stundenlohn sinkt. Das hat in der Praxis schon dazu geführt, dass der Arbeitgeber zur Abgabe von Bezirken aufgefordert hat, weil die Zustellung nicht mehr rechtzeitig erfolgen konnte.
Deshalb ist es wichtig, dass der Zusteller darauf achtet, dass aus seiner Sicht der Arbeitsvertrag, natürlich auch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Schutzbestimmungen, seitens des Arbeitgebers eingehalten wird.
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