In der Zeitungszustellung gibt es leider keine einheitlichen oder allgemein verbindlichen Grundsätze und Regeln für die Lohnhöhe und die Gestaltung der verschiedenen Entlohnungssysteme. Auch hier geraten, wie in anderen Branchen, die Löhne immer stärker unter Druck.
Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns hat die Entlohnungsformen grundlegend verändert. In fast allen Zustellgesellschaften ist der früher übliche Stücklohn durch den Zeitlohn ersetzt worden. In vielen Zustellgesellschaften und -bezirken, in denen vorher die Arbeit der Zustellerinnen und Zusteller sehr schlecht bezahlt worden war, hat das zu einer Anhebung der Stundenlöhne geführt. In zahlreichen Zustellbezirken, vor allem in Innenstädten, sind aber auch die vorher höheren Löhne gesenkt oder bestenfalls eingefroren worden.
Die gesetzlichen Vorgaben für den Mindestlohn sind eigentlich sehr klar: Zu dokumentieren und zu bezahlen ist die tatsächlich für die Zustellung benötigte Zeit einschließlich aller Dispositions- und Nebentätigkeiten wie Aus- und Umpacken, Sortieren, Meldezettel ausfüllen, Müll ordnungsgemäß beseitigen u.v.m. Und bei länger als zwei Stunden dauernder Nachtarbeit vor 6.00 Uhr ist ein „angemessener“ Nachtzuschlag, laut Bundesarbeitsgericht in Höhe von 30 Prozent, zu zahlen.
Allerdings versuchen die Verlage und ihre Zustellgesellschaften, seit es den Mindestlohn gibt, die Löhne auf vielfältige Weise zu drücken: zunächst die Ausnahmeregelungen der ersten Jahre, dann die Abschaffung oder Senkung von Urlaubs-, Weihnachtsgeld oder Nachtzuschlägen, in den letzten Jahren insbesondere die Ermittlung unrealistisch niedriger Zeitvorgaben durch „Bezirksoptimierung“ mit Hilfe von Geo-Informationssystemen und nicht erreichbaren Zeit-Parametern für Wegstrecken, Steckzeiten usw. Kein Wunder, dass die meisten Zustellgesellschaften riesige Probleme haben, ihre Bezirke zu besetzen und die Zeitungen rechtzeitig zum Abonnenten zu bekommen. Kein Wunder auch, dass das zu verstärkten Abo-Kündigungen, beschleunigten Auflagenrückgängen, dadurch höheren Stückkosten der Zustellung führt – ein Teufelskreis, der nur durchbrochen werden könnte, wenn mehr Verlage bereit wären, unsere Forderung aufzugreifen, die Tätigkeit durch zusätzliche Zustellobjekte mit höheren Anforderungen in Vollzeit oder längerer Teilzeit, auch in Form kombinierter Arbeitsverträge für Tag- und Nachtzustellung mit Sortierung und Nachlieferung zu professionalisieren und dann entsprechend angemessen zu bezahlen.
ver.di bietet dafür die Verhandlung und den Abschluss von Tarifverträgen für die Zeitungszustellung an. Während die Bezahlung in Lohn-, Gehalts- oder Entgelttarifverträgen vereinbart wird, finden sich Regelungen zu Arbeitszeiten, Urlaub und sonstigen Arbeitsbedingungen in Manteltarifverträgen. Tarifverträge werden zwischen der Gewerkschaft und einem Arbeitgeberverband oder einzelnen Arbeitgebern abgeschlossen. In der Zeitungszustellung gibt es das aber nur in einigen wenigen Betrieben, vor allem in Norddeutschland.
Wenn die Beschäftigten einen Betriebsrat gewählt haben, können Entlohnungssysteme und Arbeitsbedingungen wenigstens teilweise auch betrieblich geregelt werden. Gibt es keinen Betriebsrat, bleibt nur die Vereinbarung im jeweiligen Arbeitsvertrag. Es ist leicht zu verstehen, dass die einzelnen Kolleginnen und Kollegen, die eine Anstellung bekommen (oder behalten) wollen, dabei gegenüber dem Arbeitgeber in der schwächeren Position sind. Schon aus diesem Grund ist es lohnend, ver.di-Mitglied zu werden und die Wahl eines Betriebsrats anzustreben.
Solange es in der Branche keine einheitlichen Entlohnungsgrundsätze gibt, bleibt nur der rege Austausch von Informationen und Erfahrungen. Diese Website will dazu ein Forum bieten.
Über unsere Kontaktadresse können jederzeit Auskünfte eingeholt, Erfahrungen weitergegeben oder persönliche Gesprächspartner vermittelt werden.