Im Oktober 2021 trafen sich die Mitglieder von Betriebsräten und Schwerbehindertenvertretungen, im Zusteller*innenseminar in ver.di Bildungszentrum Gladenbach, um gemeinsam die Situation in der Zeitungszustellung zu erörtern. Gleich nach den Betriebsberichten, mit immer wieder neuen Herausforderungen an Betriebsräte, wurde uns die Notwendigkeit des Austausches vor Augen geführt, wie schwergewichtig Arbeitgeber teilweise Vorpreschen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit infrage stellen. Nicht immer halten sie dabei die rechtzeitige Informationspflicht ein und die Kolleg*innen haben alle Hände voll zu tun, um Verschlechterungen in Arbeit und Lohn zu erkennen und dagegen zu steuern. Aber auch in Coronazeiten sind die Mitbestimmungsgesetze keineswegs ausgehebelt.
Erneut verstand unser Dozent Thomas Meyer-Fries, uns auf die ein oder andere Situation hinzuweisen, an denen sich eine bessere Vorgehensweise empfohlen hätte. Aber schließlich haben wir uns hier genau aus diesem Grund getroffen.
Sehr aufschlussreich zeigte sich der Kurzbericht aus Berlin von Jan Schulze-Husmann (der für uns bundesweit zuständige Gewerkschaftssekretär bei ver.di), der uns in Fragen und der Bedeutung einer gewerkschaftlichen Zugehörigkeit in Zeiten der automatischen Mindestlohnerhöhung aufzeigte. Es machte das Problem deutlich, dass Zeitungszustellung vielerorts auf den klassischen „Nebenjob“ reduziert ist. Der Mindestlohn sei keineswegs „vom Himmel gefallen“ und es bedarf der weiteren Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern, Betriebsräten und der Gewerkschaft um ihn vor Ort umzusetzen und weiter zu entwickeln.
Schließlich stellte unsere Frau im Vorstand der Berufsgenossenschaft ETEM, Monika Bonten (selber Zustellerin) die Funktion und Aufgaben der Berufsgenossenschaft vor, wie sie arbeitet und wie sich die Berufsgenossenschaft zusammensetzt. In puncto Arbeitsschutzvorgaben und Sicherheit im Betrieb bleibt die Berufsgenossenschaft ein wichtiger Ansprechpartner, um Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und Verletzungen zu vermeiden. Sie stellte uns auch die Leistungen der BG vor und in welchem direkten Bezug ein erzwingbares Mitspracherecht zur Unfallverhütung steht. Nicht überall sind Dinge, wie reflektierende Regenkleidung, Handschuhe, Kopflampen und ggf. auch ein festes Schuhwerk eine Selbstverständlichkeit. Dazu ist und bleibt die unbedingte Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung (seit 1996) ein wichtiges Instrument um Gefahrenpunkte auszumachen und auszuschließen.
Schließlich berichtete uns Josef Haverkamp, wie es im Rahmen der Auflagenstatistik um unsere Zukunft bestellt ist, welche Fusionen, Aufkäufe, Verschmelzungen oder auch Einstellungen den Markt beeinflussen. Das Verhältnis der Printmedien zum digitalen Abo bleibt eine interessante Entwicklung. Im Zeitungsatlas zeigte er uns die Verbreitungsgebiete, wie sich die einzelnen Verlage darstellten.
Es waren noch etliche Themen im Programm, die rechtzeitige Planung der Betriebsratswahlen, die Gewinnung von Kandidat*innen, die streng abgesteckte Wahlordnung (neu) und ihr Zeitplan, Mittel und Wege, die den Vertrauensaufbau zu den Mitarbeitern unterstützen, technische Hilfsmittel, Internetmöglichkeiten und vieles mehr.
Der Datenschutz und seine Anforderungen an ein Betriebsratsgremium nach der Novellierung des BetrVG machten Josef Haverkamp und die Rechtanwältin Alexandra Kötting deutlich und sie zeigten Wege zur gesetzeskonformen Umsetzung auf. Sie erläuterten intensiv die Wahlordnung mit ihren Tücken, Rechtsgrundlagen und den praktischen Lösungsmöglichkeiten.
Rechtanwältin Alexandra Kötting nahm schließlich unsere Rechtsfragen auf, wie beispielsweise die Geschäftsführung und Geschäftsordnung des Betriebsrats, die dienstliche Nutzung eigener Fahrzeuge und andere Fragen aus der Zeitungszustellung. Des Weiteren thematisierten wir die beschränkte Beschäftigungsmöglichkeit eines Erwerbsminderungsrentners, Erwerbslosen oder Aufstockers und den völlig unterschiedlichen Versorgungsleistungen. Natürlich durfte die aktuelle Rechtsprechung in Corona bedingter Situation nicht fehlen und alles wurde abgerundet mit den wichtigsten Datenschutzverordnungen, wie sie im Detail greifen und für die BR-Arbeit unerlässlich wird.
Die Themen und damit Aufgabenfeld waren in diesem Seminar wieder einmal umfangreich und unterstrichen die Wichtigkeit unsere Arbeit als Mitglieder eines Betriebsrates.
Hans-Jürgen Schlarp
Nächste Seminare für Betriebsräte aus der Zeitungszustellung:
19.6.-24.6.22 Mosbach
9.10.-14.10.22 Gladenbach